Krankenhausgeschichten
Nach einem Vollbad, ein paar Einkäufen, und einem Glas rubinroten Schmerzmittels (das muss heute echt mal sein...), hab ich mich zumindest soweit beruhigt, daß ich wieder ein Stück nach vorne blicken kann. Schön und wichtig ist, daß ich inzwischen Freunde gefunden habe, und mich nicht mehr allein fühle mit allem.
Im Moment ist es so: Wenn ich die Augen schliesse, sehe ich Krankenhaus- Weiss, Krankenhaus-Chrom, ich sehe offene, schmerzverzerrte Münder und höre Schmerzensschreie, und deßhalb muss ich jetzt ein wenig darüber schreiben, damit diese Bilder einerseits in mir verblassen können, aber andererseits nicht ganz ins Vergessen sinken.
Alle Leute sagen, unser Gesundheitssystem krankt, und hier ist ein Erfahrungsbericht aus nächster Nähe:
1) Das Pflegepersonal
Ich glaube, wenn sich jemand zu dem Beruf der Krankenschwester oder des Krankenpflegers entschliesst, sollte er zuvor ein paar Wochen krank im Krankenhaus liegen. Der sicher wohlgemeinte, idealistische Wunsch, kranken Menschen zu helfen reicht allein nicht aus, um sich klarzumachen, was einen in diesem Beruf erwarten kann. Unregelmässige Arbeitszeiten, die einem kaum Zeit lassen, sich zu regenerieren, schlechte Bezahlung und Unterbesetzung verlangen von diesem Berufszweig sicherlich mehr als nur den Wunsch, zu helfen. Der ständige Wechsel der kranken Menschen, die so eine Station passieren, das Elend, die Hilflosigkeit und oft auch die Unfreundlichkeit der Patienten, oder die Unfähigkeit, Dank auszudrücken sind eine harte Prüfung, auf der die wirkliche Anteilnahme oft auf der Strecke bleiben kann.
Ich sah:
Eine schlechtgelaunte Schwester, die eine gehunfähige, ältere, schwerhörige, russischstämmige Patientin morgens um 7 nackt ans Waschbecken setzte, sagte sie solle sich jetzt waschen, auf ihren Protest über die ruppige Behandlung sagte: "Ich kann kein türkisch", und sie 45 Minuten allein auf einem kleinen Hocker sitzen liess (Ich war rauchen und dann duschen, und informierte dann eine andere Schwester).
Ich sah:
Einen Krankenpfleger, der ungeniert auf dem Nachttisch einer Patientin rumwühlte, sich Zeitschriften nahm, während die demente Patientin schon einige Stunden in ihrer eigenen Scheisse lag.
Ich sah:
Schwestern, die ohne Gruss hereinkamen, um Spritzen zu geben, und ohne ein Wort wieder rausgingen.
Eine Schwester, die zu einer weinenden Krebspatientin sagte:"Weinen hilft jetzt auch nichts!"
Ich wartete 3 Stunden auf eine Wärmflasche, die mir dann lauwarm gebracht wurde. als ich darauf hin sagte, daß sie mir so nichts nütze, hiess es, das sei wegen der Verletzungsgefahr.
Obwohl das in ihrer Krankenakte vermerkt war, daß sie 3x am Tag inhalieren solle, musste die Patientin mit dem Lungenkarzinom jedesmal daran erinnern, und meistens röchelte sie schon, bis jemand kam.
Das sind natürlich die extrem negativen Spitzen, und zum Glück gab es auch nette, mitfühlende Menschen, die immer freundlich ankündigten, was sie zu tun gedachten, die trotz Zeitmangel ein offenes Ohr hatten, und wenn es die nicht gegeben hätte, wäre es wahrlich unerträglich gewesen.
Gerade die dementen oder bewegungsunfähigen Patienten lagen zuweilen 3 Stunden sich selbst überlassen, verrutschten manchmal in unbequeme Haltungen, wurden stundenlang auf Rollstühlen sitzengelassen, weil niemand Zeit hatte, nach ihnen zu gucken.
Ich lag mit 3 alten Damen auf dem Zimmer, und gab es nach einer Weile auf, immer nach der Schwester zu klingeln, zog Kissen zurecht, brachte auf´s Klo, schenkte Wasser nach, oder streichelte einfach ein bisschen, weil ich es einfach nicht mit ansehen konnte.
Zu Anfang nahmen mir manche Schwestern das übel, als würde ich mich in ihre (nicht getane Arbeit) einmischen, später fragten sie mich oft, wie die Patientin geschlafen hatte, ob sie auf dem Klo war, etc. Zu mir sagten sie zuletzt, ich sei eine angenehme Patientin gewesen, und der Abschied war herzlich, und eigentlich richtig traurig.
2) Ärzte und Oberärzte
Nur soviel: Sie haben kaum Zeit, und man kann sehen, daß sie im Kopf eigentlich schon beim nächsten wichtigen Termin sind.
Sie vermitteln das Gefühl, daß sie es nicht gern haben, wenn der Patient selbst was sagt.
Sie sind sehr schnell beleidigt.
Es gibt Ausnahmen, bei denen man Mitgefühl, Interesse,und Neugierde erkennen kann, aber dann sind sie plötzlich auf einer anderen Station, und der nachfolgende Arzt ist eher wie obengenannt.
3) Die Patienten und ihre Angehörigen
Da ich selbst recht wenig Besuch bekam (Meine Eltern sind grässlich erkältet), unterhielt ich mich oft mit den Besuchern meiner Mitpatienten.
Da war:
Die Tochter der Schlaganfallpatientin, die ihre Mutter seit 7 Jahren zuhause pflegt und 2x am Tag je 2 Stunden kam, und ihrer Mutter, die ausser lächeln und schreien nichts mehr konnte, die Füsse massierte, ihr alle kleinen Neuigkeiten erzählte (und mir nebenbei ihre Lebensgeschichte), und völlig entsetzt war, als ihre Mutter in ein Zimmer mit lauter schwerkranken, sprachlosen Patienten verlegt wurde, wo sie stundenlang sich selbst überlassen war. Sie weinte, und kam mich trotzdem jeden Tag besuchen, brachte mir Kirschen und schenkte mir was zum Geburtstag.
Da war:
Die schwerhörige Wolgadeutsche, deren Hörgerät immer so schrecklich fiepte, daß es schliesslich weggeschlossen wurde. Wir haben uns schreiend oder, nach einer Weile in einer Art Zeichensprache verständigt, und sie sang uns ein Lied:
Haste net mein Mann gesehn,
hast net gesehe reite?
Hat ein Schnappkartischen an (Eine Schildmütze)
Schnupptuch in de Seite.
Jo jo jo, ich hab Dein Mann gesehn
Hab ihn gesehen reite,
hat sein Schnappkartischen an
Schnupptuch in de Seiten.
Als sie heimdurfte, waren wir längst per Du, und sie sagte, was soll ich denn jetzt ohne Dich machen, Limone?
Da war:
Die demente Frau, die seit 4 Wochen mit ungeklärtem Fieber da lag. Die konnte Au, Danke und ich weiss nicht sagen, wenn einer nieste sagte sie immer Gesundheit und ansonsten schlief sie fast den ganzen Tag. Ihre zahlreichen Verwandten kamen alle 2-3 Tage, und blieben dann 5 Minuten betreten an ihrem Bett stehen, und gingen dann. Nach ein paar Tagen kam mir die Idee, ihr mal eine Zeitschrift vorzulegen, und seitdem blätterte sie stundenlang in Illustrierten. Als ich das ihren Verwandten erzählte, sagten die, Ja ja, das tut sie gerne, aber sie sind 4 Wochen nicht auf die Idee gekommen, ihr mal welche mitzubringen.
Da war:
Die schwer krebskranke, inoperable würdige Frau, die nach 4 Chemos und einer Reha sofort wieder im Krankenhaus landete, und nichts mehr essen konnte. Ihre Familie kümmerte sich toll um sie, und einmal kam ich, da lag die Tochter halb auf ihrem Bett, an sie gekuschelt, und sie machten ein Nickerchen. Zum Rauchen, das sie sich nicht nehmen liess, zog sie eine Perücke auf, und sie hatte künstlerisch gestaltete Fingernägel, und war immer freundlich und sehr würdevoll, obwohl sie total verzweifelt war.
Da waren noch:
Die beiden alten schwerkranken Frauen im Nachbarzimmer (die Eine hatte ich in der Aufnahmestation kennengelernt, die hatte 5 cm lange Zehennägel und war nicht sehr sauber, weil sie es einfach alleine nicht mehr konnte, und die Schwestern ekelten sich vor ihr, und zeigten das ganz offen). Die 2 fanden sich, ich nannte sie: meine beiden Schönheiten und besuchte sie oft in ihrem zimmer, das neben meinem lag, und sie rauchten heimlich, und erlebten dabei die wildesten Abenteuer (Wie mit dem Rollator die Treppe rauffallen oder von einer Bank runterfallen und sowas) und lachten danach wie ein Gaunerpaar nach einem geglückten Banküberfall.
Da ich im selben Haus war, in der ich auch meine psychosomatische Therapie gemacht hatte, kannte ich recht schnell alle Raucher, auch andere von anderen Stationen gesellten sich dazu, und wenn ich es im Krankenzimmer nicht mehr aushielt, konnte ich wenigstens rausgehen, einen Kakao trinken, und führte manch schönes Gespräch und hörte und erzählte manch lustigen Witz:
Was hat 4 Beine und 1 Arm?
Ein zufriedener Pittbull!
Eigentlich hatte ich erst das Rauchen aufgeben wollen, aber dann wären die 2 Wochen wirklich nicht zu ertragen gewesen.
So. Nun habe ich mir das ein bisschen von der Seele geredet.
Ich sehe sie alle noch vor mir, und trotz ihres Wimmerns und Rülpsens und Pupsens, den vollgekackten Windeln und dem Sabber auf dem Kinn habe ich sie allesamt liebgewonnen, und sie fehlen mir.
Doch ich, obwohl mir nicht geholfen wurde, bin im Moment einfach froh, dem entronnen zu sein, obwohl ich geweint habe, als ich ging.
Für mich waren das 2 extrem lehrreiche Wochen, in denen ich grossen Einblick gewinnen durfte in Bereiche, die man nicht im Fernsehen sieht, und ich bin froh darüber (auch wenn für meine persönliche Geschichte noch keine Lösung in Sicht ist).
Ich habe viel gelächelt, viel Liebe verströmt und auch viel Liebe erfahren, naja und das ist doch LEBEN, oder?
So, und jetzt gehe ich mit meiner geliebten Hundini in die Abenddämmerung.
Ich habe sie so sehr vermisst!!!
Ich habe immer noch Schmerzen, jetzt etwas gedämpft vom Wein, aber ich habe die Adresse von einer guten Homöopatikerin, ich habe Zuspruch und Unterstützung von geliebten Freundinnen, und ich war heute mal richtig wütend und habe mich nicht geduckt.
Es wird weitergehen!
Im Moment ist es so: Wenn ich die Augen schliesse, sehe ich Krankenhaus- Weiss, Krankenhaus-Chrom, ich sehe offene, schmerzverzerrte Münder und höre Schmerzensschreie, und deßhalb muss ich jetzt ein wenig darüber schreiben, damit diese Bilder einerseits in mir verblassen können, aber andererseits nicht ganz ins Vergessen sinken.
Alle Leute sagen, unser Gesundheitssystem krankt, und hier ist ein Erfahrungsbericht aus nächster Nähe:
1) Das Pflegepersonal
Ich glaube, wenn sich jemand zu dem Beruf der Krankenschwester oder des Krankenpflegers entschliesst, sollte er zuvor ein paar Wochen krank im Krankenhaus liegen. Der sicher wohlgemeinte, idealistische Wunsch, kranken Menschen zu helfen reicht allein nicht aus, um sich klarzumachen, was einen in diesem Beruf erwarten kann. Unregelmässige Arbeitszeiten, die einem kaum Zeit lassen, sich zu regenerieren, schlechte Bezahlung und Unterbesetzung verlangen von diesem Berufszweig sicherlich mehr als nur den Wunsch, zu helfen. Der ständige Wechsel der kranken Menschen, die so eine Station passieren, das Elend, die Hilflosigkeit und oft auch die Unfreundlichkeit der Patienten, oder die Unfähigkeit, Dank auszudrücken sind eine harte Prüfung, auf der die wirkliche Anteilnahme oft auf der Strecke bleiben kann.
Ich sah:
Eine schlechtgelaunte Schwester, die eine gehunfähige, ältere, schwerhörige, russischstämmige Patientin morgens um 7 nackt ans Waschbecken setzte, sagte sie solle sich jetzt waschen, auf ihren Protest über die ruppige Behandlung sagte: "Ich kann kein türkisch", und sie 45 Minuten allein auf einem kleinen Hocker sitzen liess (Ich war rauchen und dann duschen, und informierte dann eine andere Schwester).
Ich sah:
Einen Krankenpfleger, der ungeniert auf dem Nachttisch einer Patientin rumwühlte, sich Zeitschriften nahm, während die demente Patientin schon einige Stunden in ihrer eigenen Scheisse lag.
Ich sah:
Schwestern, die ohne Gruss hereinkamen, um Spritzen zu geben, und ohne ein Wort wieder rausgingen.
Eine Schwester, die zu einer weinenden Krebspatientin sagte:"Weinen hilft jetzt auch nichts!"
Ich wartete 3 Stunden auf eine Wärmflasche, die mir dann lauwarm gebracht wurde. als ich darauf hin sagte, daß sie mir so nichts nütze, hiess es, das sei wegen der Verletzungsgefahr.
Obwohl das in ihrer Krankenakte vermerkt war, daß sie 3x am Tag inhalieren solle, musste die Patientin mit dem Lungenkarzinom jedesmal daran erinnern, und meistens röchelte sie schon, bis jemand kam.
Das sind natürlich die extrem negativen Spitzen, und zum Glück gab es auch nette, mitfühlende Menschen, die immer freundlich ankündigten, was sie zu tun gedachten, die trotz Zeitmangel ein offenes Ohr hatten, und wenn es die nicht gegeben hätte, wäre es wahrlich unerträglich gewesen.
Gerade die dementen oder bewegungsunfähigen Patienten lagen zuweilen 3 Stunden sich selbst überlassen, verrutschten manchmal in unbequeme Haltungen, wurden stundenlang auf Rollstühlen sitzengelassen, weil niemand Zeit hatte, nach ihnen zu gucken.
Ich lag mit 3 alten Damen auf dem Zimmer, und gab es nach einer Weile auf, immer nach der Schwester zu klingeln, zog Kissen zurecht, brachte auf´s Klo, schenkte Wasser nach, oder streichelte einfach ein bisschen, weil ich es einfach nicht mit ansehen konnte.
Zu Anfang nahmen mir manche Schwestern das übel, als würde ich mich in ihre (nicht getane Arbeit) einmischen, später fragten sie mich oft, wie die Patientin geschlafen hatte, ob sie auf dem Klo war, etc. Zu mir sagten sie zuletzt, ich sei eine angenehme Patientin gewesen, und der Abschied war herzlich, und eigentlich richtig traurig.
2) Ärzte und Oberärzte
Nur soviel: Sie haben kaum Zeit, und man kann sehen, daß sie im Kopf eigentlich schon beim nächsten wichtigen Termin sind.
Sie vermitteln das Gefühl, daß sie es nicht gern haben, wenn der Patient selbst was sagt.
Sie sind sehr schnell beleidigt.
Es gibt Ausnahmen, bei denen man Mitgefühl, Interesse,und Neugierde erkennen kann, aber dann sind sie plötzlich auf einer anderen Station, und der nachfolgende Arzt ist eher wie obengenannt.
3) Die Patienten und ihre Angehörigen
Da ich selbst recht wenig Besuch bekam (Meine Eltern sind grässlich erkältet), unterhielt ich mich oft mit den Besuchern meiner Mitpatienten.
Da war:
Die Tochter der Schlaganfallpatientin, die ihre Mutter seit 7 Jahren zuhause pflegt und 2x am Tag je 2 Stunden kam, und ihrer Mutter, die ausser lächeln und schreien nichts mehr konnte, die Füsse massierte, ihr alle kleinen Neuigkeiten erzählte (und mir nebenbei ihre Lebensgeschichte), und völlig entsetzt war, als ihre Mutter in ein Zimmer mit lauter schwerkranken, sprachlosen Patienten verlegt wurde, wo sie stundenlang sich selbst überlassen war. Sie weinte, und kam mich trotzdem jeden Tag besuchen, brachte mir Kirschen und schenkte mir was zum Geburtstag.
Da war:
Die schwerhörige Wolgadeutsche, deren Hörgerät immer so schrecklich fiepte, daß es schliesslich weggeschlossen wurde. Wir haben uns schreiend oder, nach einer Weile in einer Art Zeichensprache verständigt, und sie sang uns ein Lied:
Haste net mein Mann gesehn,
hast net gesehe reite?
Hat ein Schnappkartischen an (Eine Schildmütze)
Schnupptuch in de Seite.
Jo jo jo, ich hab Dein Mann gesehn
Hab ihn gesehen reite,
hat sein Schnappkartischen an
Schnupptuch in de Seiten.
Als sie heimdurfte, waren wir längst per Du, und sie sagte, was soll ich denn jetzt ohne Dich machen, Limone?
Da war:
Die demente Frau, die seit 4 Wochen mit ungeklärtem Fieber da lag. Die konnte Au, Danke und ich weiss nicht sagen, wenn einer nieste sagte sie immer Gesundheit und ansonsten schlief sie fast den ganzen Tag. Ihre zahlreichen Verwandten kamen alle 2-3 Tage, und blieben dann 5 Minuten betreten an ihrem Bett stehen, und gingen dann. Nach ein paar Tagen kam mir die Idee, ihr mal eine Zeitschrift vorzulegen, und seitdem blätterte sie stundenlang in Illustrierten. Als ich das ihren Verwandten erzählte, sagten die, Ja ja, das tut sie gerne, aber sie sind 4 Wochen nicht auf die Idee gekommen, ihr mal welche mitzubringen.
Da war:
Die schwer krebskranke, inoperable würdige Frau, die nach 4 Chemos und einer Reha sofort wieder im Krankenhaus landete, und nichts mehr essen konnte. Ihre Familie kümmerte sich toll um sie, und einmal kam ich, da lag die Tochter halb auf ihrem Bett, an sie gekuschelt, und sie machten ein Nickerchen. Zum Rauchen, das sie sich nicht nehmen liess, zog sie eine Perücke auf, und sie hatte künstlerisch gestaltete Fingernägel, und war immer freundlich und sehr würdevoll, obwohl sie total verzweifelt war.
Da waren noch:
Die beiden alten schwerkranken Frauen im Nachbarzimmer (die Eine hatte ich in der Aufnahmestation kennengelernt, die hatte 5 cm lange Zehennägel und war nicht sehr sauber, weil sie es einfach alleine nicht mehr konnte, und die Schwestern ekelten sich vor ihr, und zeigten das ganz offen). Die 2 fanden sich, ich nannte sie: meine beiden Schönheiten und besuchte sie oft in ihrem zimmer, das neben meinem lag, und sie rauchten heimlich, und erlebten dabei die wildesten Abenteuer (Wie mit dem Rollator die Treppe rauffallen oder von einer Bank runterfallen und sowas) und lachten danach wie ein Gaunerpaar nach einem geglückten Banküberfall.
Da ich im selben Haus war, in der ich auch meine psychosomatische Therapie gemacht hatte, kannte ich recht schnell alle Raucher, auch andere von anderen Stationen gesellten sich dazu, und wenn ich es im Krankenzimmer nicht mehr aushielt, konnte ich wenigstens rausgehen, einen Kakao trinken, und führte manch schönes Gespräch und hörte und erzählte manch lustigen Witz:
Was hat 4 Beine und 1 Arm?
Ein zufriedener Pittbull!
Eigentlich hatte ich erst das Rauchen aufgeben wollen, aber dann wären die 2 Wochen wirklich nicht zu ertragen gewesen.
So. Nun habe ich mir das ein bisschen von der Seele geredet.
Ich sehe sie alle noch vor mir, und trotz ihres Wimmerns und Rülpsens und Pupsens, den vollgekackten Windeln und dem Sabber auf dem Kinn habe ich sie allesamt liebgewonnen, und sie fehlen mir.
Doch ich, obwohl mir nicht geholfen wurde, bin im Moment einfach froh, dem entronnen zu sein, obwohl ich geweint habe, als ich ging.
Für mich waren das 2 extrem lehrreiche Wochen, in denen ich grossen Einblick gewinnen durfte in Bereiche, die man nicht im Fernsehen sieht, und ich bin froh darüber (auch wenn für meine persönliche Geschichte noch keine Lösung in Sicht ist).
Ich habe viel gelächelt, viel Liebe verströmt und auch viel Liebe erfahren, naja und das ist doch LEBEN, oder?
So, und jetzt gehe ich mit meiner geliebten Hundini in die Abenddämmerung.
Ich habe sie so sehr vermisst!!!
Ich habe immer noch Schmerzen, jetzt etwas gedämpft vom Wein, aber ich habe die Adresse von einer guten Homöopatikerin, ich habe Zuspruch und Unterstützung von geliebten Freundinnen, und ich war heute mal richtig wütend und habe mich nicht geduckt.
Es wird weitergehen!
momoseven - 2009/06/09 18:34
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Gute Besserung, dir ... und Mut.
Danke
Ich hoffe, bei mir wird es noch lange nicht zu so etwas kommen.
Und - Schön, daß Du es überlebt hast!!!
Liebe Grüsse von Mone